Hamburger Bevölkerung stoppt Gesamtschule, Österreichs Politik ist da schon „klüger“

Die 6-jährige Gesamtschule, die politisch bereits als beschlossene Sache galt, wurde beim Referendum in Hamburg von einer deutlichen Mehrheit abgelehnt. Diese bemerkenswerte Äußerung direkter Demokratie verursacht einen Diskussionsprozess weit über die Grenzen der Hansestadt hinaus. In Österreich aber wird ein Aufflammen der Debatte gleich von mehreren Seiten blockiert. Die großen Zeitungen verstecken die Ergebnisse des Hamburger Volksentscheids in einem Nebensatz, obwohl diese bildungspolitisch für Österreich durchaus von Interesse ist. Vonseiten der Politik gibt es nur wenige Kommentare, die allesamt als entlarvend bezeichnet werden können.

Unerträglich ist vor allem die Reaktion von Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) auf die Ablehnung der Gesamtschule in Hamburg. Mit der schrittweisen Einführung der Neuen Mittelschule agiere Österreich hier klüger. Schmied ist also der Meinung, sie könnte durch die jetzige Umbenennung der Hauptschulen in Neue Mittelschulen und eine millionenschwere Propagandakampagne die Bevölkerung langsam hinter sich bringen. Sie glaubt die Bevölkerung würde es schon nicht merken, wenn man erst in ein paar Jahren damit beginnt auch die Gymnasien in dieses System hinein zu zwingen. Auch die Kosten für dieses System, die beträchtlich über dem des jetzigen liegen, werden der Bevölkerung bis dato verschwiegen. Wenn die Ministerin dieses Vorgehen für „klüger“ hält, dann ist das demokratiepolitisch schlichtweg erschreckend. Generell tendieren die Regierungsparteien momentan in bedenklichem Ausmaß zu politischen Tauschgeschäften, die einer Demokratie völlig unwürdig sind. Prominentestes Beispiel dafür war wohl der Tausch Mindestsicherung gegen Transferdatenbank. Es ist die Aufgabe der Parteien den Wähler bei jeder einzelnen Entscheidung bestmöglich zu vertreten. Kompensationsgeschäfte jedoch verfehlen diese Aufgabe vollkommen und sind als Verrat an der Bevölkerung zu bezeichnen.

Völlig unabhängig wie man über die Sinnhaftigkeit einer Gesamtschule bis zum 14. Lebensjahr denken mag, der Umgang unserer Politik mit dieser Thematik ist als „Nicht Genügend“ zu beurteilen. Jeder Widerstand gegen die Gesamtschule wurde von Beginn als egoistischer Aufstand der Lehrergewerkschaft abgetan. Auch die Medien haben ihre Aufgabe, die unparteiische Analyse von Sinn und Zweck einer Einheitsschule, kaum erfüllt. Es steht außer Frage, dass ein Schulsystem laufend weiterentwickelt und an die Bedürfnisse der Schüler, nicht zuletzt aber auch der Eltern und der restlichen Gesellschaft, angepasst werden muss. Entscheidend ist aber die Berücksichtigung aller Schüler, denn ein System dass sich vornehmlich an den schwächsten orientiert ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die Ausbildung der Leistungsträger, die nicht zuletzt die Finanzierung unseres Sozialstaats tragen muss ebenso berücksichtigt werden wie die Förderung lernschwacher Schüler. Ideologische Gleichmacherei schadet hier beiden Gruppen und letztlich der gesamten Gesellschaft – vielleicht sollte man seine Zustimmung noch einmal überdenken. Das Thema ist zu wertvoll für politische Tauschgeschäfte.
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