Die systematische Korruption der Bevölkerung. Keynes und der Missbrauch seiner Thesen

Jahr für Jahr schafft es die Politik, dem Volk die fortlaufende Ausweitung der Staatsausgaben als sozialen Fortschritt oder wirtschaftspolitische Notwendigkeit zu verkaufen. Im Vorjahr hat die österreichische Politik mit etwas mehr als 143 Mrd. Euro rund 52 Prozent des von der Bevölkerung erwirtschafteten Bruttoinlandsprodukts ausgegeben. Dies würde sage und schreibe € 17.106 für jeden Einwohner bedeuten, wobei natürlich ein erheblicher Teil vom Staatsapparat aufgezehrt wird. Rund 30 Milliarden Euro beispielsweise fallen allein für die Löhne und Gehälter der öffentlich Bediensteten an. Letztlich wird mit rund 70 Milliarden Euro beinahe die Hälfte der Staatsausgaben durch Sozialleistungen und Subventionen unmittelbar an begünstigte Gruppen verteilt. Steuererleichterungen bleiben hierbei noch völlig unberücksichtigt, sie steigern aber schlussendlich die Summe der staatlichen Umverteilung.

Als Vorwand für die ungebremste Ausweitung des Staatsapparats, und damit letztlich auch der Staatsschulden, werden primär die wirtschaftspolitischen Theorien von John Maynard Keynes herangezogen. Völlig unabhängig davon was man von Keynes Thesen halten mag, von der Politik westlicher Industrienationen werden sie seit ihrer Schöpfung zur wissenschaftlichen Legitimation zügelloser Schuldenpolitik missbraucht. Zahlreiche Krisen in den letzten Jahrzehnten wurden durch staatliche Interventionen erheblich verschärft, die Schuld sollte allerdings nicht bei Keynes gesucht werden sondern bei der Politik, die zu ihrem eigenen Nutzen grundlegende Regeln der Fiskalpolitik völlig ignoriert hat. Durch die Ausweitung der Staatsschulden und die Überschwemmung der Märkte mit ungedecktem „Fiat-Money“ wurde die Staatsmacht zu Lasten des eigenen Volkes fortlaufend ausgebaut.

In den meisten Staaten hat man sich längst daran gewöhnt, auch in Zeiten lebhafter Konjunktur Budgetdefizite zu akzeptieren. Im Umgang mit der aktuellen Wirtschaftskrise schreckte man nicht davor zurück der Bevölkerung Staatsverschuldung und einen defizitären Staatshaushalt als unumgänglichen Teil moderner Fiskalpolitik zu präsentieren. Sowohl die hohen Defizite als auch die verantwortungslose Geldpolitik der Zentralbanken können nur als Verrat an der Bevölkerung bezeichnet werden. Beide Möglichkeiten sind kurzsichtige und feige Auswege zur Vermeidung von Reformen und Steuererhöhungen. Die Bevölkerung wird dabei von allen Ebenen der Politik (EU, Bund, Länder, Gemeinden) bestochen und ruhig gestellt, mit Geldern die sie später mehrfach zurückzahlen muss.

Die Politik des billigen Geldes ist neben der hohen Staatsverschuldung Hauptgrund für die Finanzkrise der letzten Jahre. Nur die Überschwemmung der Märkte mit billigem Geld ermöglichte und forderte immer neue Finanzprodukte, die der Gesellschaft ungeheueren Schaden zufügten. Das frisch „gedruckte“ Geld wurde von den Banken unmittelbar in die Finanzmärkte gepumpt und erreichte kaum die reale Wirtschaft. Insbesondere die Fed hat nichts aus ihren Fehlern gelernt und im Rahmen der Finanzkrise 2009 den Markt mit 1,25 Billionen Dollar überschwemmt. Auch die EZB hat 2009 erstmals auf breiter Basis „Geld gedruckt“ und setzt mit einem Leitzins von einem Prozent die Politik des billigen Geldes fort.

Von allen Seiten wird die aktuelle Wirtschaftskrise den Fehlentwicklungen des Neoliberalismus zugeschrieben; bei genauerer Betrachtung allerdings zeigt sich das exakte Gegenteil. Neoliberale Ökonomen lehnen prinzipiell jede ungedeckte Währung sowie die Anhäufung von Staatsschulden kategorisch ab und fordern eine starke Reglementierung des Bankwesens. Nur durch den erheblichen Einfluss von (politisch besetzten) Banken auf die Politik konnte die destruktive Entfesselung des Bankensektors durchgesetzt und später dem zügellosen Neoliberalismus zugeschrieben werden.

Wie massiv die Zentralbanken unsere Währungen entwerten kann am Beispiel des US-Dollars leicht veranschaulicht werden. Der US Dollar war im Bretton-Woods-System noch mit einem Wert von 35 Dollar je Unze (31,104 Gramm) an Gold gebunden. Amerikanischen Staatsbürgern musste damals der Besitz von Gold verboten werden, um diesen Kurs trotz der laufenden Ausweitung der Geldmenge beibehalten zu können. Seit dem Zusammenbruch des Systems 1973 sind alle Währungen dieser Welt völlig frei von jeder Deckung. Seither sank der Wert des Dollars von 35 Dollar je Unze auf heute 1.235 (!!) Dollar je Unze, ein Wertverlust von 97,7%. Nutznießer dieser radikalen Enteignung der Bevölkerung sind ausschließlich die nationalen Regierungen, da mit der Entwertung des Geldes auch ihre Schulden an Wert verlieren und damit bezahlbar bleiben. Die Zentralbanken tragen damit zur Prolongation einer völlig verfehlten Politik und damit zum Erhalt ineffizienter Strukturen bei.

Österreich kann als Musterbeispiel herangezogen werden für verkrustete, völlig festgefahrene Strukturen, die Reformen unmöglich machen und die Macht der Politik ständig ausweiten. Die Bevölkerung lässt sich von den Landesfürsten und der Bundesregierung korrumpieren, ohne zu erkennen dass es sich bei den Almosen um dasselbe Geld handelt, dass ihnen vorher mehrfach aus der Tasche gezogen wurde. Die enormen Subventionen und zahlreichen Förderungen sind viel zu sehr auf das Ziel des Machterhalts für die „spendablen“ Politiker ausgerichtet; ihr ökonomischer Sinn ist in der Regel mehr als fraglich. Das primäre Ziel einer verantwortungsvollen Politik in Österreich muss deshalb die Ausrichtung auf ein ausgeglichenes Budget und einen Abbau der Staatsschulden sein. Weder Steuererhöhungen noch allzu schmerzliche Eingriffe in unser Sozialsystem sind dafür grundsätzlich notwendig.

Allein die bedingungslose Bereitschaft, den Föderalismus österreichischer Prägung zu hinterfragen und zu reformieren, kann den notwendigen Freiraum für längst überfällige Reformen schaffen. In den letzten Jahrzehnten verhinderten infantile Machtspiele der Landespolitik Reformvorhaben in Bereichen wie Gesundheits-, Bildungs- oder Sozialpolitik, obwohl die Notwendigkeit dieser Reformen meist völlig unbestritten war. Durch jede Landtagswahl wird die Bundespolitik monatelang blockiert. Skurrile Wahlkampfgeschenke seitens des Bundes wie der fragwürdige Grenzeinsatz des österreichischen Bundesheers an der (Schengen-internen) ungarischen Grenze verursachen unnötige Kosten und tragen zur Politikverdrossenheit der Bevölkerung bei. Eindrucksvoll wird auch in der Diskussion um das Lehrerdienstrecht sowie zur Schließung defizitärer Krankenhäuser die Verhinderungspolitik seitens der Länder sichtbar. Die Mehrzahl der Fehlentwicklungen der vergangenen Jahrzehnte ist auf die unklare Kompetenzverteilung zwischen den Ländern und dem Bund zurückzuführen. Die derzeit gelebte Form des Föderalismusprinzips ist ein Hemmschuh für die Politik und schränkt die ohnehin zahnlose Bundesregierung zusätzlich ein. Faymann und Pröll haben gegenwärtig die Möglichkeit klarzustellen, ob ihnen eine handlungsfähige und effiziente Politik mehr am Herzen liegt als die Absicherung hoch bezahlter Machtpositionen für Genossen und Kumpanen.

Mehr zur Reform des Föderalismus in Österreich hier -->
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denkanstoesse - 30. Aug, 09:29

Hinsichtlich der Überflutung der Finanzmärkte mit Kapital kann der Vorwurf sicherlich nicht an die österreichsiche Bundesregierung gehen. Im Artikel sollte nur der Einfluss der Zentralbanken auf den Umgang mit Staatsschulden aufgezeigt werden.

Selbstverständlich liegt der Schlüssel zu einer verantwortungsvollen Geldpolitik primär bei Ben Bernanke und der Fed, aber auch die EZB hat die Möglichkeit durch eine Abkehr von der Politik der Geldvermehrung Druck auf die Amerikaner auszuüben, denn bei einem stabileren Euro müssten die Amerikaner wohl längst mehr als 2 Dollar für einen Euro hinlegen, wodurch wohl auch die amerikanische Regierung mittelfristig umdenken müsste.....

denkanstoesse - 30. Aug, 09:52

„In the long run we are all dead“

Bezeichnend ist schon die Einsicht von Keynes, dass langfristig die Märkte ein besseres Gleichgewicht schaffen würden. Sein Kommentar zur Kritik an der Kurzfristigkeit seiner Theorien:

„In the long run we are all dead“

Es ist mehr als offensichtlich, dass sich auch die Politik gerne an dieses Motto hält.

Metepsilonema - 1. Sep, 21:53

Aus welcher Quelle stammen die 143 Mrd. Euro?

denkanstoesse - 1. Sep, 21:59

Statistik Austria

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