Bernanke gießt erneut Öl ins Feuer. Der US-Dollar hängt am seidenen Faden

Ben Bernanke musste gestern wie erwartet eine weitere Ausweitung der Geldmenge bekannt gegeben. In der Tradition seiner Vorgänger Greenspan und Volcker folgt auch Bernanke weiter uneingeschränkt den Theorien der Geldpolitik nach Keynes. Das derzeitige Ausmaß des gänzlich ungedeckten Geldschaffens war seinen Vorgängern aber fremd. Nach dem schon im letzten Jahr weit mehr als eine Billion (engl. Trillion) Dollar in den Markt gepumpt wurden, sollen jetzt erneut mindestens 600 Milliarden Dollar durch den Ankauf von Staatsanleihen „produziert“ werden. Dabei ist zu bedenken, dass sich durch die niedrige Eigenkapitaldeckung der Banken die tatsächliche Geldmengenausweitung um den Faktor 5-10 erhöht.

Nach den klassischen Regeln der Ökonomie müsste eine derart massive Verwässerung einer Währung eine Inflation im zweistelligen Bereich nach sich ziehen. Faktisch sind aber bis dato kaum inflationäre Tendenzen zu erkennen. Grund dafür ist ein schwerer Denkfehler in der einfachen Modellwelt der Keynesianer. Man geht davon aus, dass durch eine Ausweitung der Geldmenge auch die Realwirtschaft wachsen würde, die Menschen also mehr Einfamilienhäuser bauen und Unternehmen zusätzliche Projekte in Angriff nehmen würden. Tatsächlich sind dafür aber zusätzliche Voraussetzungen erforderlich. Nur durch eine entsprechende Verbilligung von Krediten durch spürbare Zinssenkungen kann ein derartiger Investitionszuwachs realisierbar sein. In der derzeitigen Situation ist aber der Leitzins seit langem am faktischen Nullpunkt, weshalb die Option einer Zinssenkung ausfällt. Die Nachfrage nach Krediten in der derzeitigen Situation konnte auch bisher ohne weiteres gedeckt werden, die meisten Haushalte sind ohnehin schwer überschuldet.

Wo also versickern die druckfrischen Dollarbillionen? Zu allererst überkommt der Geldregen die Banken, welche naturgemäß versuchen das Geld möglichst gewinnbringend anzulegen. Sofern mit Krediten an Unternehmen und Privatpersonen keine entsprechenden Gewinne mehr erwirtschaftet werden können, muss das Geld anderweitig investiert werden. Wird mehr Geld in die Banken gepumpt als die Realwirtschaft aufnehmen kann, entstehen zwangsläufig „kreative“ Finanzkonstruktionen, welche von einer produktiven Funktion gänzlich abgekoppelt sind. Dies ist weder moralisch bedenklich noch unmenschlich, es ist schlichtweg Aufgabe der Banken. Die gesamte milliardenschwere Finanzindustrie, die in zahlreichen Ländern mittlerweile einen erheblichen Anteil am Bruttoinlandsprodukt erwirtschaftet(!!), ist ein Produkt der Politik des billigen Geldes.

Die gesamte Finanz- und Wirtschaftskrise ist uneingeschränkt auf dieses Problem zurückzuführen. Die Schuld an der Lage kann allerdings nicht den Banken zugeschoben werden. Die Regierungen, und nicht zuletzt die Bevölkerung, haben durch die permanente Ausweitung des Staatsapparats das Finanzsystem vergiftet. Nur durch eine künstliche Aufblähung der Geldmenge können die ausufernden Staatsschulden bedient und das System aufrechterhalten werden. Da aber die Ausgabe von Staatsanleihen aufgrund des schwindenden Vertrauens in die Politik immer teurer wird, muss sich der Staat unmittelbar über die Nationalbank zu finanzieren.

Auch im aktuellen Fall muss die amerikanische Nationalbank US-Staatsanleihen im Wert von 600 Milliarden Dollar von privaten Banken zurückkaufen, um die Finanzierung des Staatshaushalts zu gewährleisten. Die Reaktionen auf den Märkten waren bisher überschaubar. Der Dollarkurs ist deutlich gesunken, Edelmetallwerte wie Gold und Silber verzeichneten eklatante Zugewinne. Der ganz große Zusammenbruch aber ist bis jetzt ausgeblieben. Verantwortlich dafür ist wohl primär die Abhängigkeit der chinesischen Wirtschaft vom US-Dollar. Eine Abwertung des Dollar, und damit umgekehrt eine Aufwertung des Renminbi, würde chinesische Exporte erschweren. Durch die enormen Devisenreserven von 2,65 Billionen Dollar können die Chinesen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der amerikanischen Währung nehmen. Auch die amerikanischen Staatsfinanzen sind mittlerweile stark von China abhängig – immerhin rund 1000 Milliarden Dollar an Staatsanleihen sind in chinesischer Hand. Diese Abhängigkeit ist für die USA ein erheblicher Unsicherheitsfaktor, durch das anhaltend hohe Leistungsbilanzdefizit aber ist sie nahezu unvermeidbar.

Vieleicht demnächst auf der Rückseite des Dollarscheins??
"In Hu Jintao we trust"


Früher oder später werden auch die US-Amerikaner, insbesondere im privaten Bereich, kürzer treten müssen. Die enorme Verschuldung im staatlichen wie privaten Bereich hat einen außerordentlichen Wohlstand ermöglicht, die Kosten dafür aber muss wohl mittelfristig die gesamte Weltwirtschaft tragen. Gleiches gilt, in abgeschwächter Form, auch für nahezu alle europäischen Staaten (wobei die private Verschuldung hier eine geringere Rolle spielt). Die so genannte Finanzkrise der letzten Jahre kann hierbei wohl nur als Vorwarnung betrachtet werden. Die Reaktionen darauf aber zeigen, dass die Politik in aller Welt keineswegs dazugelernt hat. Die Krise wurde mit genau jenen Mitteln bekämpft, die Ursache für die gefährliche Schieflage unserer Weltwirtschaft waren. Die politischen Apparate in den westlichen Demokratien haben eindrucksvoll gezeigt, dass sie zu einschneidenden Reformen offensichtlich gänzlich unfähig sind.

Nur eine tatsächliche Krisensituation kann letztlich auch dem Volk die Augen öffnen, die auf bedingungslosen Machterhalt ausgelegte Politik beenden, und die westlichen Sozialstaatsapparate redimensionieren. Die Abschaffung der 13. Familienbeihilfe wird dafür wohl kaum ausreichen.
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