Frauen verdienen 20% weniger für dieselbe Arbeit. Haben sie das wirklich verdient?

„Frauen verdienen für dieselbe Arbeit 20% weniger als Männer“. Berichte und Kommentare wie diese zur Diskriminierung von Frauen in der Berufswelt zeigen ein großes Problem unserer Politik- und Medienwelt auf. In beiden Bereichen wird bei heiklen und vermeintlich unstrittigen Materien, insbesondere der Gleichberechtigung, auf eine kritische Betrachtung der verbreiteten Daten gänzlich verzichtet. Gerade im Interesse der Frauen wäre hingegen eine Diskussion auf Basis vorurteilsfreier Daten zielführender als tendenziöse Berichterstattung, die Gefahr läuft vielen Frauen den Ansporn zur Verteidigung ihrer Rechte zu nehmen.

Der aktuelle Frauenbericht zeigt einen Einkommensunterschied bei unselbstständig Erwerbstätigen von 39% auf, bei Berücksichtigung der Teilzeitstellen beträgt der Unterschied immer noch rund 20%. Angenommen wird hierbei jedoch bei einer Vollzeittätigkeit eine Arbeitsbelastung von 38,5 Stunden. In hoch bezahlten Jobs, die gewiss immer noch mehrheitlich von Männern besetzt werden, liegt die reale Arbeitszeit dagegen mittlerweile drastisch höher. Immer wieder wird bemängelt dass Frauen in Teilzeitjobs gedrängt werden, fraglich ist jedoch ob Unternehmen freiwillig auf teurere und ineffizientere Teilzeitjobs umstellen, oder ob dies der Nachfrage der Arbeitnehmerinnen entspricht. In vielen Branchen, insbesondere im Handel, stellt es für die Unternehmen durchaus ein Problem dar genügend Vollzeitbeschäftigte zu finden und der Einsatz von Teilzeitkräften ist deshalb notwendig.

Die hohe Teilzeitquote wie auch die langen Auszeiten vieler Frauen nach der Geburt können durchaus als Errungenschaft des österreichischen Wohlstands betrachtet werden. Intensive Betreuung der Kinder stellt einen Wert für die Eltern dar und fördert zudem die Kinder. In oft genannten Vorbildländern hinsichtlich der Gleichberechtigung wie Frankreich und Schweden werden die Kinder nach kürzester Zeit in Betreuungseinrichtungen „interniert“, um der Mutter eine schnelle Rückkehr in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Es ist zu bezweifeln, dass dies für die Entwicklung der Kinder und Familien wünschenswert ist. Ein großer Teil der österreichischen Mütter will keineswegs auf die gemeinsame Zeit mit ihren Kindern verzichten.

Eine zusätzliche Benachteiligung für Frauen stellen scheinbar großzügige Regelungen hinsichtlich der Karenz- und Kinderbetreuungszeit dar. Die Elternteilzeitregelung kann beispielsweise für viele Unternehmen eine ernste wirtschaftliche Bedrohung mit sich bringen und spricht bei der Entscheidung hinsichtlich einer Beförderung gegen die Wahl junger Frauen. Es ist in höheren Positionen dem Unternehmen oft nicht zumutbar, dass die Arbeitnehmerin nach der Geburt ihres Kindes nach zwei bis drei Jahren an den Arbeitsplatz zurückkehrt und ihre Arbeitszeit nach eigenem Ermessen wählen kann. Zusätzlich zu erwähnen ist die Vertretung während der Karenzzeit, die auf einem anspruchsvollen Arbeitsplatz eingeschult werden muss und nach Rückkehr der Jungmutter ihren Arbeitsplatz verliert. Für einen Unternehmer in der Privatwirtschaft stellen diese Risikofaktoren durchaus ein Argument gegen die Beförderung von Frauen in höhere Positionen dar.

Es gilt klar festzustellen dass die Aussage „Frauen verdienen für die selbe Arbeit 20% weniger“ schlichtweg falsch und in den meisten Unternehmen gleiche Entlohnung für die gleiche Position selbstverständlich ist. Ebenso klar gilt es allerdings auszudrücken, dass Löhne in klassischen „Frauenpositionen“ und „Frauenbranchen“ eindeutig zu niedrig sind und die Position dieser Frauen gestärkt werden muss. In diesem Fall sind Wirtschaft, Politik sowie die Betroffenen selbst gefordert, gegen unverhältnismäßige Bezahlung vorzugehen. Dieser Weg ist für die Politik sicherlich schwieriger, jedoch gewiss auch erträglicher als blinde Polemik und unsachliche Beileidsbekundungen.
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