König Fußball hält uns einen hässlichen Spiegel vor, bei genauerer Betrachtung. Randnotiz zur Fußball WM

Die Fußball-Weltmeisterschaft kann seit ihrer Schöpfung als bedeutendes Friedensprojekt hervorgehoben werden, dass gemeinsam mit den Olympischen Spielen einen wesentlichen Beitrag zur friedensstiftenden Wirkung des Sports geleistet hat. Es ist aus historischer Sicht durchaus bemerkenswert, dass bei einer Veranstaltung Amerikaner, Osteuropäer, Nord- und Südkoreaner zusammen mit afrikanischen Mannschaften ein gemeinsames Ziel verfolgen. Fernab dieser Tatsache sollte man jedoch an den Entwicklungen im modernen Fußball in sportlicher wie in gesellschaftlicher Hinsicht so manches hinterfragen.

In sportlicher Hinsicht sollten insbesondere schauspielerische Einlagen, Schwalben und die oft entscheidende Rolle von Schiedsrichterentscheidungen angesprochen werden, die den eigentlichen Sport in den Hintergrund drängen. Wenn erwachsene Männer (Sportler!?!) bei jeder kleinsten Berührung schwer verletzt zu Boden fallen, um kurz darauf mittels Spontanheilung (durch Eisspray) wieder engagiert am Spiel teilzunehmen. Es wird leider kaum thematisiert, wie sehr diese lächerlichen, leider oft Spiel entscheidenden, Einlagen dem Sport schaden. In keinem anderen Sport sieht man Spieler reihenweise mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Boden gehen ohne auch nur annähernd verletzt zu sein. Durch die Möglichkeit nachträglicher, rigoroser Sperren nach einer Videoanalyse könnte man Schwalbenkönige und Schauspieler in kürzester Zeit aus dem Sport verbannen.

Genau darin zeichnet sich allerdings das tatsächliche Problem des Sports ab. Fußball lebt von den Emotionen der Zuseher und Fans und diese wiederum werden nicht zuletzt durch Unsportlichkeiten, Fehlentscheidungen und Gehässigkeiten am Spielfeld genährt. Es wäre deswegen kaum im Interesse der FIFA etwas an der Situation zu verändern. Deswegen verwehrt man sich auch gegen jegliche Anpassung des Reglements an den Stand der Technik und es fehlt der Wille gegen die verschiedensten Formen der Unsportlichkeit vorzugehen.

Aus gesellschaftlicher Perspektive darf nicht verschwiegen werden, dass Rassismus, Gewalt und Gehässigkeit auf den Zuschauerrängen alltäglich sind und kaum mehr als problematisch empfunden werden. Wie beschränkt und primitiv muss ein Mensch sein, um einen anderen physisch oder rhetorisch anzugreifen, nur weil derjenige Anhänger eines gegnerischen Clubs ist? Insbesondere die Fußballvereine würden gut daran tun derartige Störenfriede wesentlich entschlossener zu bekämpfen um den Stadionbesuch auch für Familien und andere vermeintlich normale Menschen interessant zu gestalten.

Es mag philosophisch anmuten, aber man könnte grundsätzlich hinterfragen warum ganze Nationen sämtliche politische wie persönliche Probleme vergessen, nur weil „ihre Helden“ erfolgreich ge(schau)spielt haben. Die Identifikation mit der eigenen Politik (die man im Gegensatz zur Nationalmannschaft ja selbst gewählt hat) hingegen ist meist marginal, wenngleich der Vergleich ein wenig hinken mag. Es ist traurig dass die Idole unserer Jugend häufig durch Unsportlichkeit überzeugen und vereinzelt ihren High-Tech-Fußballschuhen intellektuell wohl unterlegen sind. Der Stellenwert des Fußballs in unserem Leben sollte von manchem hinterfragt werden, es sollte wirklich Wichtigeres geben. Dann wird vielleicht zukünftig der sportliche Wert des Fußballs wieder im Vordergrund stehen.
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