Ortstafeln als Mahnmale politischen Unvermögens

Der seit Jahrzehnten ausgetragene Schaukampf um die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln in Kärntner Gemeinden mit slowenischer Minderheit erhält durch die Aufstellung von 3 (in Worten Drei) zweisprachigen Ortstafeln in den Gemeinden Bleiburg, Ebersdorf und Schwabegg erneut die von den Darstellern erwünschte Aufmerksamkeit. Einer sinnvollen Lösung der Problematik kommt man damit, und mit den ketzerischen Aussagen Dörflers dazu, aber wohl kaum näher. Der Ortstafelstreit zeigt seit vielen Jahren, derzeit aber besonders eindringlich, erhebliche Unzulänglichkeiten in der österreichischen Politik auf.

Diese Angelegenheit fällt klar in die Zuständigkeit der Bundesregierung, die in dieser Sache eine gesetzliche Regelung vorlegen und für deren Umsetzung zu sorgen hat. Weder der Kärntner Landeshauptmann noch die jeweilige Bevölkerung sind in dieser Sache zu befragen. Minderheitenrechte bedürfen keinerlei demokratischer Legitimation. Dies wurde allerdings schon bei der Volksbefragung zum Asylerstaufnahmezentrum Eberau völlig missachtet. Bundeskanzler Faymann verweigert in dieser Sache die Erfüllung seiner Aufgabe, wenn er eine Lösung der Ortstafelfrage bis 2012 fordert bzw. erhofft. Es ist an Feigheit kaum zu übertreffen, schwierige Fragen einfach auf die lange Bank zu schieben und die Lösung auf andere abzuwälzen. Eine Lösung der Frage wäre in kürzester Zeit möglich, es fehlt aber allzu offensichtlich an der politischen Führungskompetenz Faymanns. Wer in der Privatwirtschaft für eine derartige Problemstellung zwei Jahre Bearbeitungszeit einplant würde wohl spätestens am nächsten Tag beim Arbeitsmarktservice vorstellig werden.

Lösungsvorschläge wurden seit der erstmaligen gesetzlichen Regelung durch Kreisky im Jahr 1972, gescheitert an den Aufständen der Bevölkerung, zahlreich erarbeitet. Eine gesetzliche Regelung allerdings hat sich seit Kreisky kein Kanzler mehr zugemutet. Auch seit der erstmaligen Fristsetzung durch den Verwaltungsgerichtshof im Dezember 2001 hat sich an dieser Problematik nichts geändert. Die Regierungen Schüssel und Gusenbauer haben stets Verhandlungen geführt, nie aber eine verbindliche Gesetzesgrundlage zur Umsetzung der Vorgaben aus dem Staatsvertrag von 1955 zustande gebracht. Es wurde der Kärntner Politik leicht gemacht, eine Lösung der Angelegenheit publikumswirksam zu boykottieren. Sowohl Haider als auch sein ehemaliger Straßenbaureferent und jetziger Landeshauptmann Dörfler konnten aus der Ortstafelfrage stets politisches Kapital schlagen. Haider konnte so ungestraft Kärnten zu einer politischen Lachnummer für ganz Österreich und einem Selbstbedienungsladen für seine Unterstützer verwandeln. Sein Nachfolger Gerhard Dörfler beweist tagtäglich, dass ihm zu einer Änderung und Aufklärung dieser Missstände sowohl der Wille als auch die intellektuellen wie fachlichen Voraussetzungen fehlen.

Für die Bundesregierung allerdings ist es hoch an der Zeit ihre Aufgaben wahrzunehmen. Viel zu deutlich wird momentan die bewusste Verzögerungstaktik, von der sich die Regierung einen angenehmen Sommerurlaub zu erhoffen scheint. Die Aufschiebung der Budgetrede und der notwendigen Diskussion um Sparmaßnahmen ist ein weiteres Anzeichen für die aktuelle Arbeitsverweigerung unserer Politik. Kanzler Faymann sollte seinen Urlaub stornieren und sich im Sommer Gedanken über die Verantwortung seines Amtes machen. Dazu ist es ja bekanntlich nie zu spät.
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