Das Ende des Klassenkampfs. Ist der Neoliberalismus der bessere Arbeitnehmervertreter?

Der Klassenkampf bestimmt die Medien seit eh und je, und eine Abkehr von dieser Thematik ist nicht in Sicht. Da geht es um sittenlose Arbeitgeber die ihre Mitarbeiter schamlos ausquetschen, um arbeitsunwillige Sozialschmarotzer die unser System belasten, um die Ausbeutung der Umwelt durch reiche Unternehmer, um die Notwendigkeit der Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft, um die Forderung nach immer neuen Belastungen für die vermeintlich Reichen und nicht zuletzt immer wieder um die beiderseitige Forderung nach der Schaffung neuer Subventionen und gesetzlicher Regelungen. Die Politik sucht die Schuldigen auf allen Seiten, vergisst aber wie so oft gänzlich die Konsequenzen ihrer eigenen Einflussnahme zu berücksichtigen.

Nur allzu oft instrumentalisiert die Politik den Klassenkampf um damit ihre eigene Klientel zufrieden zu stellen. Auch die mächtigen Institutionen der Interessensvertreter arbeiten an Machterhalt und Einflussnahme, an einer langfristigen Lösung der Probleme sind sie nicht interessiert. Unabhängig von parteipolitischen Spielereien allerdings müsste das Machtgleichgewicht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt das oberste Ziel jeder Arbeitsmarktpolitik sein. Die von der Politik gewählten Instrumente sind allerdings vollkommen untauglich hierzu, sie verschlimmern das vorhandene Ungleichgewicht sogar deutlich zu Lasten der Arbeitnehmer.

Für jeden Menschen trägt eine produktive Tätigkeit am Arbeitsmarkt, die seinen Interessen entspricht, entscheidend zur Lebensqualität bei. Es liegt nicht in der Natur des Menschen sich zuhause auf die Couch zu setzen um sich mit dem Geld seiner Mitmenschen ein angenehmes Leben zu finanzieren. Die Möglichkeit einer Berufswahl nach eigenem Ermessen und einer ausgeglichenen Position gegenüber dem Arbeitgeber hängt allerdings entscheidend von den vorhandenen Alternativen für den Einzelnen ab. Eine angemessene Auswahl an unterschiedlichen Tätigkeiten ist die entscheidende Voraussetzung dafür, dass sich der Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt selbst vertreten kann. In diesem Fall wird er einen Arbeitsplatz lediglich akzeptieren, wenn sowohl die Tätigkeit als auch die entsprechende Entlohnung seine Erwartungen erfüllen. Mindestlohnvorgaben und jede Art von Arbeitnehmervertretung wären in dieser Situation vollkommen überflüssig. Gerade weil, aufgrund von sozialistischem Gedankengut und der Propaganda der Gewerkschaften, viele Politiker eine derartige Situation für unmöglich halten, ist es die Aufgabe der wenigen Vertreter des Liberalismus diese einzig richtige Politik weiter zu vertreten.

Entscheidenden Einfluss auf die Position des Arbeitnehmers hat die Arbeitslosenquote. Je mehr arbeitswillige Arbeitslose am Markt sind, je geringer können die Anforderungen des Arbeitnehmers sein. Friktionelle und saisonale Arbeitslosigkeit ist hierbei nur bedingt zu berücksichtigen, weil diese Arbeitskräfte zumeist nicht für eine Erwerbstätigkeit zur Verfügung stehen. Insbesondere Betroffene der konjunkturellen und strukturellen Arbeitslosigkeit aber stellen eine Reserve am Arbeitsmarkt dar und setzen die Arbeitnehmer unter Druck. Problematisch ist auch jener beträchtliche Teil der Arbeitslosen, der nicht gewillt ist eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, die Arbeitslosenquote und somit die angesprochene „Reserve“ jedoch trotzdem erhöht. Auch die Möglichkeit für Saisonkräfte zwischen den Saisonen als „arbeitslos“ zu gelten schadet den anderen in dieser Hinsicht.

Politische Maßnahmen zur Erhaltung bzw. Ausweitung von Arbeitsplätzen in der Region gehen allerdings in eine völlig falsche Richtung. Durch die überproportionale Förderung von Großunternehmen wird der jeweiligen Konkurrenz, in der Regel kleineren Unternehmen, massiver Schaden zugefügt. Zusätzlich steigt die Macht der geförderten Unternehmen gegenüber ihren Mitarbeitern enorm, weil in der Region für den Einzelnen kaum Alternativen übrig bleiben. Durch die strukturelle Benachteiligung von Klein- und Mittelbetrieben, immerhin 99,7% der österreichischen Unternehmen fallen in diese Kategorie, werden in diesem Bereich Arbeitsplätze vernichtet. Die zweite Alternative für den Einzelnen sollte grundsätzlich der Weg in die Selbstständigkeit sein. Durch Überbürokratisierung und Eintrittsbarrieren sowie hohe Abgaben und Gebühren wird eine selbstständige Tätigkeit für die meisten Personenkreise verunmöglicht. Insbesondere im Dienstleistungsbereich aber könnten viele Tätigkeiten auch auf selbstständiger Basis durchgeführt werden, die politischen Voraussetzungen dafür allerdings fehlen. Obwohl die Politik in Wahlkampfzeiten den Mittelstand rhetorisch in den Blickpunkt rückt - gefördert wird in der Regel im Interesse einflussreicher Großunternehmen. Näheres dazu im Artikel „Spirale der Abhängigkeit“. Auch Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung vertreten leider in der Regel eine protektionistische Politik im Interesse der „Großkunden“, zu Lasten der Bevölkerung.

Ein Teil der Verantwortung muss jedoch den Arbeitnehmern selbst zugeschoben werden. Österreich ist laut einer aktuellen Eurobarometer-Umfrage das EU-Land mit der niedrigsten Bereitschaft zur beruflichen Mobilität, vergleichbar sind in diesem Bereich nur Griechenland und Spanien. Bereitschaft zur Mobilität über Regionen und Branchen hinweg jedoch würde zusätzliche Alternativen schaffen und damit die Position des Arbeitnehmers merklich verbessern. Problematisch ist auch, dass in Deutschland und Österreich der Umgang mit Löhnen und Gehältern ein sehr gehemmter ist, der Arbeitnehmer hat in der Regel wenig Informationen über die Bezahlung in den unterschiedlichen Unternehmen der Branche. Eine Offenlegung der Gehaltszahlungen würde jene Unternehmen unter Druck setzen, die ihren Mitarbeitern deutlich weniger zahlen als die Konkurrenz. Oftmals sind die brancheninternen Unterschiede in der Höhe der Entlohnung hierbei enorm.

Als Resultat einer passivierenden Sozialpolitik, einer fehlgeleiteten Subventionspolitik sowie einer unternehmerfeindlichen Bürokratie kann den Arbeitnehmern, insbesondere im Bereich der gering Qualifizierten, nur durch Zwangsmaßnahmen geholfen werden, die wiederum allesamt die Ausweitung des Problems der Arbeitslosigkeit mit sich bringen. Eine Liberalisierung würde nicht nur den Arbeitnehmern helfen, sie würde in vielen Branchen auch die Konkurrenz am Markt erhöhen und damit oft bessere Qualität und niedrigere Preise für den Konsumenten ermöglichen. Es ist aber immer auch der Arbeitnehmer gefragt die ausgezeichneten Ausbildungsmöglichkeiten in Österreich zu nutzen, um die nötigen Voraussetzungen für eine erfüllende Erwerbstätigkeit mitzubringen. Auch eine entsprechende Flexibilität und eigenverantwortliches Handeln ist hierfür Grundvoraussetzung.

Seitens der Politik gibt es altbekannte Forderungen, die in der Lage sind die Situation der Arbeitnehmer zu verbessern. Zu nennen sind selbstverständlich die notwendige Senkung der Lohnnebenkosten und die Umsetzung eines Kombilohnmodells zur Erhöhung des Arbeitsanreizes. Letztlich ist allerdings ein generelles Umdenken in der Politik gefordert, ihre Strategien auf die Ursachen der Problematik auszurichten anstatt lediglich einzelne Symptome zu bekämpfen.
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denkanstoesse - 18. Jul, 22:38

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